Am Dienstagabend vor den Osterferien besuchte die Klasse 10b in Begleitung von Frau Richter, Frau Esterl und Frau Fleschhut die Theatervorstellung des Tübinger Landestheaters von Lessings "Nathan der Weise" (Gesellschaft für Kunst und Kultur Sigmaringen) in der Stadthalle in Sigmaringen.
Zunächst fühlt sich der Zuschauer in die Vergangenheit zurück versetzt: Das Stück spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzritter. Recha, die Tochter des reichen Juden Nathan, wird bei einem Brand von einem Tempelherrn gerettet: ein christlicher Kreuzritter, der mitten im Krieg eine junge Jüdin rettet und sich daraufhin in diese verliebt. Auch Recha ist von ihrem Retter sehr angetan und die Verliebtheit und weiteren Entwicklungen nehmen ihren Lauf. Der Tempelherr selbst verdankt sein Leben wiederum einem Gnadenakt des Sultans Saladin. Dieser versucht zur selben Zeit, Nathan eine Falle zu stellen, um mit dem Geld des reichen Juden seine Kriegskasse aufzufüllen. Nathan soll dem muslimischen Herrscher sagen, welche der drei Weltreligionen die wahre sei: die christliche, jüdische oder muslimische?
In der berühmten Ringparabel, die als Schlüsseltext der Aufklärung gilt, wird der Absolutheitsanspruch jeder Religion gleichnishaft ad absurdum geführt und stattdessen die Frage nach Menschlichkeit in den Fokus gerückt. Es wird der Glaube propagiert, dass eine Verständigung zwischen Menschen über kulturelle wie religiöse Grenzen hinweg möglich ist.
Schauspielerisch überzeugten vor allem der Tempelherr und der überaus komische Klosterbruder, die das Publikum immer wieder zum Lachen und Schmunzeln brachten. Zusätzlich versuchte die Tübinger Theatertruppe jeweils nach mehreren Szenen mittels eines aufgebrachten "Pegida"-Volkes, das mehrfach am Ende einer Szene rechtes Gedankengut im Chor wie Sprechgesänge auf einer Demo aufsagte, die Aktualität des Stückes zu unterstreichen.
Die Einbindung dieser Chor-Elemente wirkte jedoch insgesamt plump und überzeugte wenige. Insgesamt aber war die Inszenierung sehr unterhaltsam und eine anregende Ergänzung zur Lektüre des Stücks, welches die Klasse derzeit im Deutschunterricht behandelt.
Der Inhalt des Stücks ist angesichts der derzeitigen Entwicklungen und Konflikte in dieser Welt überaus aktuell und regt zum Nachdenken an - über mögliche irrationale Ängste, Verunsicherungen und Vorurteile, aber auch über die Frage, ob und wie sich unsere Gesellschaft seit der Zeit Lessings weiterentwickelt hat.
Text: Presse-AG im April 2017, Fotos: Presse-AG und Landestheater Tübingen (Quelle: http://www.landestheater-tuebingen.de/spielplan/nathan-der-weise-5174/press)