Ein besonderes Ehepaar durften wir im Religionsunterricht begrüßen: Frau Hepp und Herrn Hepp, der gehörlos zur Welt kam und im Alter von 30 Jahren erblindete, leidet am sog. Usher-Syndrom, das ist eine erblich bedingte Seh- und Hörschwäche, die unterschiedlich stark ausgebildet sein kann. Seine Frau übersetzte das, was er „sagte“, in unsere Sprache. Wie kann man sich mit einem solchen Menschen unterhalten?
Wir hatten uns ein wenig mit dem Lormen beschäftigt, das ist ein Fingeralphabet (s.u.). Herr Hepp und seine Frau gingen zu jedem von uns hin und wir durften dann unseren Namen in seine Hand buch-stabieren. Anschließend hat er dann jeden unserer Namen ausgesprochen. Wie geht das, wenn jemand von Geburt an nichts hört? Dazu muss man viel lernen, z.B., wo die einzelnen Laute entstehen, wie man die Zunge bewegen muss und seeeeehr viel üben. Wir waren beeindruckt.
Anschließend erzählte Herr Hepp mit Hilfe der Gebärdensprache aus seinem Leben, den unbeschwerten ersten drei Lebensjahren, in denen niemand merkte, dass er nichts hörte, seiner Schulzeit im Internat, von seinen zwei Berufsausbildungen zum Schlosser und Korbflechter und schließlich seinem großen Wunsch, Diakon für Taubblinde zu werden. Seine Frau erwies sich als wahres Multitalent: sie dolmetschte ihren Mann und erzählte auch noch aus ihrem gemeinsamen Leben, zum Beispiel, wie sie sich kennengelernt hatten.
Zwischendurch gab es immer wieder praktische Übungen, zum Beispiel, wie man, auch ohne zu sehen, die Zähne putzen kann! Unsere vielen Fragen wurden ehrlich beantwortet. Das machte diesen Nachmittag zu etwas ganz Besonderem, denn dieses Ehepaar ist das beste Beispiel dafür, dass man auch mit Behinderung normal und gut leben kann. Sie sind Vorbilder, weil sie uns zeigen, wie man in schwierigen Situationen gut zurechtkommt. Es ist sehr mutig, so aus seinem Leben zu erzählen. Das Lormen fanden manche von uns schwierig, aber auch interessant. Es ist toll, dass man sich unterhalten kann, ohne sprechen zu müssen. Besonders gefallen hat uns auch das Trommeln mit den Füßen: das ist Klatschen für Blind-Gehörlose, die über den Boden die Schwingungen aufnehmen können.
Deshalb bedauerten wir nur Eines: dass die Zeit so schnell vorbei war!
Text & Fotos: Herzlichen Dank an Fr.Wagner! Nov. 2018
Schautafel zum Lorm-Alphabet: https://www.google.de/search?q=Schautafel+Lorm+Alphabet&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=QX4d7vUQPU2VzM%253A%252C8WH1X0Nnmk7cFM%252C_&usg=AI4_-kTgdMJlIzVtgdtNi5pSBb7TC6Uw5g&sa=X&ved=2ahUKEwjvs5XF3IHfAhUEI1AKHdpeDrMQ9QEwAnoECAUQBg#imgrc=QX4d7vUQPU2VzM: